In vielen Ratgebern bezüglich Lebens- und Berufsplanung, steht geschrieben: „Du brauchst klare Ziele im Leben“. Oft bin ich diesen Empfehlungen gefolgt. Doch meist war es mehr ein Kampf, als eine Bereicherung. Also habe ich ohne konkrete Ziele weitergemacht – und sehr gute Erfahrungen damit gesammelt.
Der Weg ist das Ziel
So zum Beispiel auf dem Jakobsweg, den ich 2010 gelaufen bin: Ich wusste, ich wandere Richtung Westen. Wo ich den Weg beende und wann ich dort ankomme, habe ich nicht festgelegt. Dadurch hatte ich die Möglichkeit, kleine Nebenrouten zu nehmen und die Freiheit, hier und da länger zu bleiben. Erst durch die Erfahrungen, denen ich auf dem Weg offen und neugierig begegnet bin, wurde die Zeit zu einem besonderen Erlebnis.
Ein anderer Pilger hatte ein klares Ziel und jeden Schritt (inkl. Unterkunft) detailliert in einer Excel Tabelle geplant. Ich weiß nicht, wie lange er gebraucht hat, diese vorzubereiten. Auf jeden Fall war er von seiner Strategie überzeugt. Bis ich ihn 2 Wochen später an mir vorbeidüsen sah. Ich guckte verdutzt. „Ich habe den Plan in die Tonne gekloppt“ sagte er lachend. Die Entscheidung, das Ziel fallen zu lassen, hatte so viel Energie freigesetzt, dass er es weit übertroffen hat.
Die Möglichkeiten zeigen sich entlang des Weges
Die Erfahrung hat mich darin bestätigt, dass ich nicht unbedingt ein Ziel vor Augen brauche. Eine grobe Richtung reicht mir. Und die Bereitschaft, die Möglichkeiten entlang des Weges beim Schopfe zu packen.
So ist es beispielsweise dazu gekommen, dass ich heute blogge. In der Schulzeit wurde mir Legasthenie diagnostiziert und in Deutsch hatte ich eine vier. Ich wäre niemals auf die Idee gekommen, im Schreiben meine Erfüllung zu suchen. Was ich jedoch wusste war, dass ich einen Beruf möchte, der mich erfüllt, von dem ich gut lebe und in dem ich selbstbestimmt handeln kann. Mit dieser Richtung vor Augen habe ich mich auf die Suche gemacht, Dinge ausprobiert und Erfahrungen gesammelt. Und ich bin fündig geworden.
Ein Beruf, wie er mir entspricht
Heute arbeite ich als Coach, spirituelle Beraterin und Open Space Moderatorin, um Menschen in ihrer individuellen Lebensgestaltung zu unterstützen. Die einzelnen Impulse haben sich auf dem Weg gezeigt. Ich habe viel gelernt, tolle Menschen getroffen und mich Schritt für Schritt meinem heutigen Beruf genähert. Zu Beginn kannte ich ja noch nicht mal einen Bruchteil der Möglichkeiten.
Dies sind meine individuellen Erfahrungen. Sie können für dich passen oder auch nicht. Mit diesem Artikel möchte ich dir Mut machen, es ausprobieren und deine eigenen Erfahrungen zu sammeln. Finde für dich heraus, was zu dir passt und halte dich nicht blind an irgendwelche Vorgaben. Vielleicht gilt für dich ja etwas anderes!
Und wenn du ein Zieleverfechter bist, nimm dir ab und zu die Zeit, das Ziel auf den Prüfstand zu stellen: Möchte ich das Ziel wirklich noch erreichen, oder haben die Erfahrungen auf dem Weg neue Türen geöffnet?
Zum Abschluss möchte ich noch eine Pro- und Contra Liste mit dir teilen, die dir vielleicht noch weitere Anhaltspunkte bietet.
Das spricht für Ziele im Leben:
- Ziele geben eine klare Orientierung: Wenn ich genau weiß, wo ich hin will, dann kann ich geradewegs in die Richtung marschieren. Anhand von Zwischenzielen kann ich immer genau sehen, wo ich stehe und was als nächstes kommt
- Ziele erleichtern Entscheidungen: Es gibt unendlich viele Möglichkeiten. Wenn ich ein klares Ziel vor Augen habe, dann fällt es mir leichter Entscheidungen zu fällen. Helfen Dinge mit bei der Zielerreichung, entscheide ich mich dafür – tun sie es nicht, entscheide ich mich dagegen
- Ziele schärfen die Wahrnehmung: Wenn man sich ein Ziel gesetzt hat, richtet sich die Wahrnehmung genau auf die Dinge aus, die bei der Zielerfüllung unterstützen. Das fokussiert und beschleunigt die Zielerreichung möglicherweise
- Ziele motivieren: Wenn man ein attraktives Ziel hat, kann das unglaublich motivieren und Kräfte mobilisieren, die den Prozess unterstützen. Das hilft, auch in kritischen Phasen durchzuhalten
Das spricht gegen Ziele im Leben:
- „Der Weg ist das Ziel“: Es gibt immer wieder „Zufälle“ im Leben, die man bei der Planung und Zieldefinition nicht berücksichtigen kann. Meist kommt es anders als man denkt. Meiner Meinung nach sind die Erfahrungen auf dem Weg das Entscheidende und nicht die Erreichung eines Ziels
- Ziele engen die Wahrnehmung ein: Wenn ich ein Ziel verfolge, dann ist die Wahrnehmung darauf fokussiert. Möglicherweise liegen jedoch rechts und links von dem Ziel noch ganz andere Möglichkeiten, die dann außer Sichtweise geraten
- Ziele kosten Zeit: Nicht nur der Prozess des Zielesetzens, auch das ständige Abgleichen zwischen Soll und Ist rauben wertvolle Zeit. „Leben ist das, was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen.“ sagte auch J. Lennon
- Ziele setzen unter Druck: „Was du dir vorgenommen hast, musst du auch beenden“. Dieser Glaubenssatz schwirrt in vielen von uns. Die Flexibilität, Ziele wieder zu verwerfen, nehmen sich die Wenigsten. Und so quält man sich beispielsweise durch ein Studium, da man es ja angefangen hat, auch wenn man weiß, dass es eigentlich nicht das Richtige ist…
Teile gerne deine Kommentare zu dem Artikel oder kontaktiere mich direkt, wenn du Fragen hast.
Ich wünsche dir eine wunder-volle Woche. Ob mit oder ohne Ziel vor Augen!
Deine Daria Katrin
Hallo Katrin,
find ich toll, dass du mitmachst bei der Blogparade 🙂
Dein Beitrag zeigt schön, dass alles im Leben zwei Seiten hat. Zum Beispiel schreibst du, dass Ziele die Wahrnehmung einengen. Ich habe schon oft von Autoren gelesen, die genau das als Vorteil ansehen, da man dann fokussierter ist und sich nicht verzettelt. Aber da ist was dran an deinem Argument.
Liebe Grüße
Martin
Lieber Martin,
oh ja – alles hat 2 Seiten. Das ist ja das Schöne, sonst würde es immer einen geben der „Recht hat“. Danke, dass du die Blogparade zu so einem schönen Thema ins Leben gerufen hast. Ich bin gespannt, welche Beiträge noch entstehen.
Liebe Grüße,
Katrin
Hallo Katrin,
vielen Dank für Deinen Artikel. Wie ich finde, bringt gerade die abschließende Pro-und-Contra-Liste alle wichtigen Argumente zum Thema auf den Punkt. Manchmal – etwa beim Arbeiten in einem Team – lässt sich das Formulieren von Zielen kaum vermeiden. Sobald es aber möglich ist, verzichte ich gerne darauf, weil ich ähnlich gute Erfahrungen ohne Ziele gemacht habe wie Du. Vor einiger Zeit habe ich darüber auch einmal einen Artikel geschrieben. http://loehrzeichen.de/blog/ankommen-ohne-ziel/
Viele Grüße.
Christoph
Lieber Christoph,
vielen Dank für die Ergänzung. Schöner Artikel!
Liebe Grüße, Katrin
Liebe Katrin,
danke für das Teilen Deiner Gedanken zum Thema Ziel. Ich sehe es genau wie Du, dass man nicht dogmatisch an einem einmal gesetzten Ziel festhalten sollte, denn das Leben ist Veränderung.
Dennoch glaube und erlebe ich bei mir und anderen, dass man sich ohne Ziel nicht auf den Weg macht und die vielen kleinen Nebenrouten auch nicht nehmen kann, wenn man kein Ziel hat.
Und vielleicht war das Ziel ja auch: Nebenrouten zu nehmen und entspannt und in Deinem Tempo anzukommen. Insofern Ziel erreicht. 🙂
Herzliche Grüße Melanie Blank
Liebe Melanie, vielen Dank für diese schöne Ergänzung. Es stimmt – Erfahrungen auf dem Weg zu machen, kann auch ein Ziel sein. Wichtig war mir, dass man Ziel nicht als etwas starres „smartes“ betrachtet, wie es oft definiert wird. Denn auch weiche Ziele, die nicht an harten Kriterien gemessen werden, können einen meiner Meinung nach antreiben, sich auf den Weg zu machen. Dann ist das Ankommen vielleicht nicht rational beweisbar, aber es reicht ja, wenn das Gefühl weiß „Ziel erreicht“. Liebe Grüße, Katrin
Hallo Katrin,
bei mir funktioniert die Zielsetzung, bzw. ich habe meinen eingenen Weg gefunden, wie ich mir durch Ziele Motivationsschübe verpassen kann. Habe daher auch an der Blogparade teilgenommen. Mein Artikel ist unter: http://www.automobilkaufmann.info/2013/11/warum-du-dir-ziele-setzen-musst-um-erfolgreich-zu-werden/ zu finden.
Liebe Grüße
Patrick
Hallo Patrick,
vielen Dank für deinen Artikel. Das Beispiel mit dem Fußball hat mich gleich nochmal nachdenklich werden lassen. Im ersten Moment dachte ich – stimmt. Ein Fußballspiel, ohne das Ziel zu gewinnen und Tore zu schießen wäre etwas sinnlos. Aber dann kam mir der Gedanke: Was würde denn wirklich passieren, wenn man Tor und Ziel aus dem Fußball entfernt. Würde wirklich nichts passieren? Oder würden durch den kreativen Freiraum ganz neue Möglichkeiten auf dem Platz entstehen… ?
Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass Ziele mich in meinen Möglichkeiten einengen und das ich durchaus ohne Ziele Erfolg haben kann. Ich glaube es ist wichtig, beides auszuprobieren – smarte Ziele setzen oder sich ganz ohne Ziel auf den Weg zu machen. Dann kann man entscheiden, was das Richtige für einen ist. Denn wie in so vielen Dingen im Leben – die einzig wahre Patentlösung gibt es wahrscheinlich nicht, oder?
Liebe Grüße, Katrin
Hallo Katrin!
Schön, wie du dich einem so „Stress verursachenden Gesellschaftsdilemma“ so authentisch und realistisch annehmen kannst.
Ich habe kürzlich einen Podcast von „GedankenTanken“ gehört, wo sich Stefan Frädrich auch dem Thema widmet und dort titelt:
„Das Ziel ist im Weg“.
http://www.gedankentanken.com/stefan-fradrich-das-ziel-ist-im-weg-2/
Lieben Gruß,
Nikolai
Hallo Nikolai,
oh toll – Danke für den Podcast. Die Folge kannte ich noch nicht. Das werde ich mir bei der nächsten Autofahrt mal anhören 🙂
Liebe Grüße,
Katrin
Guter Artikel, der auch meine Meinung ist 🙂 Zu viel Planung nimmt Freiraum, aber ganz ohne Plan und ohne Ziel geht es auch nicht. Wenn Du nicht weißt, wohin Du willst, dann kommst Du auch nie an. Mit dem Fokus auf Reisen habe ich vor einer Weile einen ähnlichen Artikel veröffentlicht: http://www.weltenbummlerin.net/5-gruende-warum-du-eine-reise-planen-solltest-und-ein-wichtiger-dagegen/
Liebe Grüße,
Ivana
Liebe Ivana,
danke dir! In der Tat ist spontan bleiben beim Reisen eine tolle Erfahrung. Ich weiß noch ein Wochenendtrip mit meinem damaligen Partner. Wir sind durch Rom gehechtet, um ja alles sehen und machen zu können. Bis wir irgendwann ziemlich erschöpft in der Sonne saßen und einfach nur das Treiben beobachtet haben. Seitdem lasse ich mich insbesondere im Urlaub immer fließen und schaue, wonach mir gerade der Sinn steht. Dadurch sind meine Reisen viel intensiver geworden, da ich sie im Jetzt erlebe und nicht nur in der Planung.
Viele Grüße, Katrin
Hallo Katrin,
zunächst einmal herzlichen Dank für Deinen Artikel. Ich finde es schlichtweg großartig, dass Du als ehemalige Legasthenikerin nun Deinen eigenen Block hast.
Zum Thema Ziele habe ich allerdings eine andere Meinung als Du. Ich selbst arbeite als Heilpraktiker, Therapeut und Mentalcoach.
Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass es ohne Ziele überhaupt nicht geht. Allerdings werden die Definitionen sehr oft durcheinander geworfen.
Wenn Du zum Beispiel diesen Blog auf die Beine gestellt hast, so hattest Du vorher ein klares Ziel. Du wolltest in irgend einer Form etwas erschaffen. Die Rechtschreib- oder Leseschwäche konntest Du sicher auch nur bewältigen, indem Du Dir ein klares Ziel gesetzt hast.
Ja selbst Dein Jacobsweg (gratuliere!) bist Du nur gegangen, weil Du Dir ein Ziel gesetzt hast. Die Frage ist lediglich, wie man dann das Ziel erreicht.
Der Mann mit der Exceltabelle hat alles auf dem Weg zu seinem Ziel genau geplant: das funktioniert nicht.
Du hast die Dinge auf dem Weg zu Deinem Ziel mehr auf dich zukommen lassen und damit Fügungen in Deinem Leben zugelassen.
Also für mich bist Du eine extrem zielorientierte Person. Ohne Ziele im Leben würden wir nichts unternehmen.
Entscheidend ist am Ende die Frage, welche Weg wir dorthin gehen.
Alles liebe und weiter so für Dich.
Andreas Frenzel
http://www.naturheilpraxis-frenzel.de
Lieber Andreas,
ganz herzlichen Dank für deine Ergänzung zu dem Thema. Es ist so schön, sich „konträr“ über so etwas auszutauschen, da es den eigenen Blick weitet. In der Tat ist der Weg das Ziel – und diese sind mehr als individuell. Sowohl beim Blog, als auch beim Jakobsweg hatte ich jedoch kein klares Ziel. Es war eher ein „Warum“ – sprich eine Motivation etwas zu tun. Und wo ich das jetzt schreibe, ist das wahrscheinlich eine andere Form von Ziel – ein Ziel, das direkt mit dem Herzen verknüpft ist und nicht kognitiv vom Verstand vorgegeben. Interessant. Das werde ich mal noch zu Ende denken 🙂
Liebe Grüße, Katrin
Hallo Katrin,
bin gerade beim neuerlichen Durchstöbern deines Blogs über diesen Artikel hier gestolpert, und kann deine Meinung zum Thema Ziele nur bestätigen.
Ich selbst bin damit aufgewachsen, dass man immer konkrete Ziele haben muss, weil man ja nur erfolgreich sein kann wenn man alles detailliert plant und überlegt.
Die Erfahrung hat mir jedoch gezeigt, dass es viel spannender und witzigerweise auch zielführender ist, wenn man sich ein ungefähres Ziel festlegt, und den Weg dorthin einfach auf sich zukommen lässt.
Das macht die Sache nicht nur spannender, sondern man hat plötzlich auch Möglichkeiten, die sich vielleicht nie ergeben hätten, wenn man alles detailliert geplant und Schritt für Schritt vorbereitet hätte.
In diesem Sinne – Danke für die Bestätigung 🙂
Freundliche Grüße
Florian
Hallo florian, danke für deinen Kommentar! Zielführender ohne Ziel – das ist ein schönes Wortspiel. Ich selbst erfahre gerade wieder – das Leben hat so viele Überraschungen – es kommt eh anders als man denkt. Und wenn man sich darauf einlässt, wird das Leben ein Fest! Ich wünsche dir ein schönes Wochenende! Lg katrin
vllt sollte man auch betrachten das ein ziel erstmal nur ein ziel ist und dessen auswirkungen individuell sind, d.h. es kommt darauf an was man daraus macht. Ein Ziel muss nicht unumstösslich sein, man kann es hinterfragen und auch gegen ein anderes Zeil austauschen.
Genau dieses einschränken des Bewusstsein / Blickfeld impliziert ein Ziel nicht zwingend und das ist meiner Meinung nach der springende Punkt. Besteht nicht die eigentlich Frage die Du mit deinem Aritkel aufwirfs darin, wie man mit Zielen umgehen sollte?
Der Umgang mit einem Ziel sollte detached sein damit es die Möglichkeit offen lässt neue spontane Wege zu gehen.
Hallo Katrin,
ich mag deinen Artikel sehr. Denn ich habe ähnliche Erfahrungen gemacht. Ziele haben gewisse Vorzüge aber eben auch Nachteile.
Ich habe für mich den Weg gefunden, mich nicht an Zielen festzuklammern, sondern einfach das zu machen, was mir Spaß macht.
Beste Grüße
Denise
Hallo
Jeder Mensch tickt anders, daher soll man auch gegenüber Menschen, die immer – auch in den Ferien – Ziele brauchen, tolerant sein. Ich habe Freunde, die leiden, wenn sie nur ungefähre Ziele haben und sind glücklich, wenn sie klare Ziele haben. Du scheinst eher ein offener, weniger auf Strukturen fokussierter Mensch zu sein. Das bist du, andere wiederum sind damit nicht einverstanden.
Hallo Dalman,
danke für deine wichtige Ergänzung. Dieser Artikel soll als Inspiration dienen, das Thema Ziele in unserer leistungsorientierten Gesellschaft aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Auf jeden Fall soll auch beim Thema Ziele jeder seinen eigenen Weg finden. „Sei Gestalter deines Lebens“ ist ja mein Motto – das gilt in allen Lebensbereichen und -phasen. Und das geht nur mit Toleranz!
Liebe Grüße, Katrin